Aktuell

Information zur 1250 Jahrfeier

Die Stiftung Hospital ist eine der ältesten Stiftungen der Bundesrepublik mit einer bewegenden Vergangenheit.

In den vergangenen Jahrhunderten waren soziale Fürsorge, Bildung und ökologische Achtsamkeit, das Dasein für die Schwachen in der Gesellschaft ihr Hauptanliegen. Frau Margit Rinker-Olbrisch hat im vergangenen Jahr im Auftrag des Wormser Stadtarchivs die Dokumente und Urkunden, die seinerzeit von Gustav Kotheimer voller Umsicht „gerettet“ wurden, gesichtet, digitalisiert und aufgearbeitet. Der gesamte Artikel, ebenso die einzelnen Urkunden, stehen der Öffentlichkeit zur Verfügung und können im Stadtarchiv eingesehen werden. Herr Dr. Gerold Bönnen, Leiter des Wormser Stadtarchivs, hat uns die Erlaubnis erteilt, den Text auf die Homepage der Ortsgemeinde zu stellen.

„Neuzugang im Stadtarchiv Worms –
Schriftgut der Dalbergischen Hospitalstiftung Heßloch“

Autorin: Margit Rinker-Olbrisch

Neue Quellen zur Familie der Kämmerer von Worms (gen.) von Dalberg


Im Sommer 2021 konnte durch die Übernahme der Unterlagen des Archivs der Stiftung Hospital Heßloch als Depositum-Bestand in das Stadtarchiv Worms eine wertvolle Ergänzung der hier schon verwahrten Dalbergischen Archivbestände verwirklicht werden. Im Folgenden wird der Übernahme- und Verzeichnungsprozess dargestellt, in dem gleichzeitig Einblicke in die archivarische Arbeitsweise gewährt werden unter Berücksichtigung der verschiedenen Fragestellungen und Probleme, die es während der Bearbeitung zu lösen galt. Als Grundlage dieses Beitrages dient das Vorwort des Findbuches zu diesem Archivbestand, das bis Ende 2021 erstellt wurde.

Neue Quellen zur Familie der Kämmerer von Worms (gen.) von Dalberg

An dieser Stelle kann keine wissenschaftlich fundierte Abhandlung zur Geschichte der Stiftung vorgelegt werden. Diese Aufgabe soll in der Zukunft auf der Grundlage der Verzeichnungsarbeit je nach Fragestellung angegangen werden, auch unter Hinzuziehung weiterer Quellen in anderen Archiven (z. B. Hessisches Staatsarchiv Darmstadt, Landesarchiv Speyer, Stadtarchiv Worms) Es soll hier vielmehr ein kurzer Überblick basierend auf Erkenntnissen von Herrn Gustav Josef Kotheimer, Lehrer a. D., die er in verschiedenen Beiträgen und im Anhang der derzeit (noch) gültigen Fassung der Satzung der Stiftung Hospital Heßloch aus dem Jahr 1993 dokumentiert hat, gegeben werden. Die derzeitige Stiftung „Hospital Heßloch“ geht auf die Stiftung der Familie von Dalberg im 14 Jahrhundert, erneuert im 17. Jahrhundert, zurück.Wurden die ersten Stiftungen (1326, 1336) zugunsten des Marienaltars in der Kapelle der Pfarrei Heßloch getätigt, erfolgte am 5. August 1377 die Errichtung eines Hospitals in der Gemarkung von Heßloch durch Ritter Wolf Kämmerer von Worms, das ebenfalls mit Gütern und Gefällen ausgestattet wurde.


Die Wallfahrtskapelle auf dem Liebfrauenberg, die nach schweren Zeiten immer wieder aufgebaut wurde, und das Hospital, das nicht nur in Not geratene Pilger auf dem Pilgerpfad versorgte, sondern auch alte und kranke ehemalige Angestellte der seit 1375 als Ortsherren fungierenden Familie Kämmerer von Worms (gen) von Dalberg aufnahm, wurden fortan durch zahlreiche Schenkungen begünstigt. Diese ermöglichten es der Stiftung, ihre wohltätigen Aufgaben wahrzunehmen und darüber hinaus Darlehen zu einem günstigen Zinssatz zu gewähren. Während die Kapelle nach Fertigstellung der neuen Pfarrkirche im Jahr 1817 niedergelegt wurde, ging der Gutshof mit Gebäuden erst Jahrzehnte nach der Säkularisation in private Hände über (1848). Mit Erträgnissen aus Grundbesitz (aktuell in den Gemarkungen Heßloch, Dittelsheim, Monzernheim, Bechtheim) und sonstigen Vermögenswerten verfolgt die Stiftung auch heute noch unter Aufsicht der Kreisverwaltung ausschließlich und unmittelbar mildtätige Zwecke, deren Verwendung in § 2 Abs 3 der Satzung, deren Änderung zurzeit in Bearbeitung ist, festgelegt wird. Die Stiftung wird durch den Stiftungsvorstand verwaltet, bestehend aus dem /der Vorsitzenden, dem /der stellvertretenden Vorsitzenden und dem Verwaltungsausschuss.

Zum Archiv am Standort

Im Frühjahr 1996 organisierte Gustav Josef Kotheimer den Umzug des Stiftungsarchivs aus dem ehemaligen Rathaus in Heßloch in das Dorfgemeinschaftshaus in Dittelsheim-Heßloch, Bahnhofstr. 57, unterstützt durch Heinrich Scholl, Justizamtsrat a D. Die Unterlagen – Amtsbücher, Aktenordner und Aktenbündel (16–Anf 20Jh) – wurden in (zuletzt) drei Stahlschränken in einer gewissen Ordnung aufgestellt.


In seinem Abschlussbericht legte Kotheimer am 30. Dezember 1996 gegenüber der Kommission der Stiftung Hospital Heßloch Rechenschaft über seine Arbeit im Archiv ab, mit der man ihn bei seinem Ausscheiden aus der Kommission betraut hatte. Demnach hatte er die einzelnen Jahrgänge – wohl der Amtsbücher und Register – geordnet. In seinen Ausführungen weist er darauf hin, dass auch die zunächst vermissten Rechnungsbelege der Jahrgänge 1810 bis 1820, die weder geordnet noch gebunden waren, aufgefunden wurden. Diese habe er in Deckeln aus Graupappe geordnet abgelegt. Durch unsachgemäße Lagerung in früheren Jahren weise das Archivschriftgut in größerem Umfang Schäden durch Regen und Pilzbefall bzw Schimmel auf. Da nach Rücksprache mit dem Landesarchiv Speyer eine Sanierung des Materials zu kostspielig gewesen wäre, bemühte Kotheimer sich mit einfachen Mitteln um eine gewisse Schadensbehebung. Er säuberte die schadhaften Stücke Blatt für Blatt mit Lappen, Bürsten und Staubsauger und verstärkte Einbände mit erheblichen Wasserschäden mit Graupappe und starken Tapeten unter Verwendung von Holzleim. Die Restaurierungsmaßnahmen waren – wie Kotheimer selbst anmerkt – zwar nicht fachmännisch, dürften aber die weitere Schadensausbreitung gehemmt und bestehende Substanz gesichert haben. Im Zuge seiner Arbeiten wertete Kotheimer gleichzeitig zahlreiche Quellen aus, vorwiegend Urkundenbände zwischen 1780 und 1920. Dabei legte er vor allem Wert auf Personennennungen, Berufe, Ämter, Kostenerstattungen, Gewährung von Unterstützungen, Lebensmittelpreise und Gehälter. Die Ergebnisse klebte er als Computerauszüge in die Amtsbücher ein. Vermerke auf einzelnen Ausdrucken lassen darauf schließen, dass er seine Auswertungen in Dateien erfasste und auf Disketten speicherte. Über deren Verbleib gibt es leider keine Hinweise.

Zur Übernahme

Erste Gespräche über eine Hinterlegung und archivfachliche Betreuung des Stiftungsarchivs in einem öffentlichen Archiv wurden im Jahr 2017 zunächst zwischen Herrn Dr. Walter Rummel, damaliger Leiter des Landesarchivs Speyer, und Frau Elisabeth Kolb-Noack, Bürgermeisterin von Dittelsheim-Heßloch, geführt Auf Anregung von Herrn Dr Rummel und auf Empfehlung des Historikers Herrn Dr. Franz Stephan Pelgen, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, wurde der Kontakt zu Herrn Dr. Gerold Bönnen, Leiter des Instituts für Stadtgeschichte Worms, aufgenommen, in Erwägung einer möglichen Abgabe in das Stadtarchiv Worms. Nicht nur die ortsnahe Unterbringung des Schriftgutes, sondern vor allem auch die enge Verbindung zu den in Worms aufbewahrten Beständen der Familie von Dalberg (Herrnsheimer Dalberg-Archiv mit den Teilbeständen Abt 159, Abt 159-U und 159-P) sprachen für eine Verbringung in die Obhut des Stadtarchivs Worms. Herr Dr Pelgen, ausgewiesener Kenner der Familie von Dalberg, stellte die Bearbeitung in Aussicht und entwarf dazu eine Konzeption.
Verschiedene Umstände verhinderten jedoch die umgehende Umsetzung des von allen Seiten befürworteten Vorhabens. Anfang 2021 wurde daraufhin umso zügiger das Projekt erneut aufgegriffen. Herr Dr Pelgen, Herr Dr Bönnen und Herr Thomas Schuler von Seiten der Stiftung Hospital Heßloch kamen in Gesprächen überein, dass das Stiftungsarchiv nach Abschluss eines Depositalvertrags durch das Stadtarchiv Worms archivfachlich verzeichnet und in die Archivdatenbank Augias eingepflegt werden sollte. Als zeitliches Stichjahr für das zu übernehmende Schriftgut bzw. der vor Ort verbleibenden Registratur der Stiftung vereinbarte man das Jahr 1950. Am 24 Juni 2021 wurde nach vorheriger Vor-Ort-Sichtung des Materials (Gesamtumfang von ca 12 lfm) die Umlagerung aus dem Dorfgemeinschaftshaus in Dittelsheim-Heßloch nach Worms durchgeführt. Zugleich kam es zur Unterzeichnung des Depositalvertrags für den neuen Archivbestand im Stadtarchiv Worms „Abt 160 Dalbergische Hospitalstiftung Heßloch (Dep)“.

Zur Verzeichnung

Im September 2021 wurde die archivfachliche Verzeichnung des Bestandes Abt 160 aufgenommen, die bereits im Dezember 2021 ihren Abschluss fand. Vor Beginn der Arbeiten musste eine Möglichkeit gefunden werden, auch das kontaminierte Schriftgut zu erfassen und gleichzeitig eine Separierung von dem „gesunden“ Material zu realisieren, ohne dabei eine Verzögerung der Datenerfassung zu verursachen. Die Bearbeiterin entschied sich für zwei parallele Signaturstränge (Abt 160 Nr 1ff als normale Serie; Abt 160 Nr X1ff für die schadhaften Stücke); so war ein schneller Arbeitsablauf gewährleistet. Während das gut erhaltene Schriftgut in säurefreie fachgerechte Mappen und Archivkartons verpackt wurde, kamen die mit Schimmel befallenen Unterlagen (mit 252 Verzeichnungseinheiten knapp 50 % des Bestandes) zunächst bis zu ihrer Sanierung, mit der möglichst zeitnah ein Fach- unternehmen beauftragt werden soll, in ältere Archivkartons. Dieses Material wird nach der Schadensbehebung ebenfalls archivgerecht umgebettet. Ob es im Anschluss komplett nummerisch neu signiert und an die erste Serie angefügt werden soll oder beide Signaturfolgen auf Dauer nebeneinander bestehen bleiben, kann zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden. Zwingend notwendig ist dieser Schritt nicht, sollte aber dann durch eine Verknüpfung mittels Signaturkonkordanz durchgeführt werden, da schon während der Verzeichnung Stücke aus den schadhaften Quellen für eine wissenschaftliche Arbeit unter Verwendung der „X“-Signaturen herangezogen und ausgewertet wurden.


Die Titelaufnahmen wurden in die Archivdatenbank Augias eingegeben. Den größten Teil des Stiftungsarchivs machen die Amtsbücher (Rechnungs- und Urkundenserien, sonstige Register, Hand- und Tagebücher der Hospitalverwaltung) von etwa 1780 bis Mitte des 20 Jh aus. In Aktenordnern hatte Herr Kotheimer einzelne ältere schadhafte Dokumente aus Akten herausgezogen und in Klarsichthüllen oder direkt gelocht eingeheftet. Diese aus konservatorischen Gesichtspunkten bedenkliche Aufbewahrung musste aufgehoben werden, ohne dabei, so wie es archivfachlich auch gefordert wird, den Inhalt in dem zuletzt vorgefundenen Gesamtzusammenhang in seiner Ordnung zu stören. Fünf voluminöse Schriftgutbündel, die in Registraturschürzen der frühen hessischen Verwaltung um 1900 zusammengefasst waren, wurden im Zuge der Bearbeitung ebenfalls aufgelöst und in kleinere handlichere Verzeichnungseinheiten gefasst. Auch hier blieb die Reihenfolge der Unterlagen erhalten. Damit die Verknüpfung der einzelnen Elemente mit dem ursprünglichen Bündel nachvollziehbar bleibt, wurde das Vorgehen in entsprechenden Vermerken bei den Titelaufnahmen dokumentiert.


Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass diese in der hessischen Zeit geschaffenen bzw. aus früherer Zeit so vorgefundenen und belassenen Schriftgutbündel anscheinend bis zur jetzigen Übernahme unverändert geblieben sind. Diese Vermutung lässt das von Prof. Dr. Wilhelm Martin Becker im Jahr 1937 bearbeitete Verzeichnis „Inventare der Gemeindearchive des Kreises Worms“, hg vom Staatsarchiv Darmstadt zu Becker führt Inhalte von in vier Konvoluten befindlichen Akten des Hospitals Heßloch innerhalb des Gemeindearchivs Heßloch auf, die im Wesentlichen 2021 so vorgefunden wurden. Aus einem der Bündel hatte Kotheimer Unterlagen zum Hospital-Kirchenbau herausgezogen, dies jedoch festgehalten. Ob die oben erwähnten schadhaften Stücke ursprünglich ebenfalls in diesen Bündeln waren, kann angenommen werden – muss allerdings wegen fehlender Dokumentation offen bleiben.

Bei der Datenerfassung mussten grundsätzliche Entscheidungen nicht nur für die einheitliche Vorgehensweise bei differierender Orthografie getroffen werden, sondern auch für Maßnahmen, die eine zügigere Arbeitsweise ermöglichen sollten:

  • Ortsnamen wurden in die heutige Schreibweise übertragen (z B Dorndürkheim > Dorn- Dürkheim)
  • Personennamen hingegen wurden in den diversen Schreibweisen übernommen, da es bei genealogischen Recherchen Usus ist, verschiedene Schreibvarianten zu berücksichtigen (z B Degünther / Deginter / Deginther oder Werle / Werlé)
  • Die eingeklebten (leicht fixierten) Auswertungsergebnisse Kotheimers wurden aus den Urkundenbänden zu den Rechnungen herausgetrennt und in den Verzeichnungseinheiten Abt 160 Nr 263 (1780–1849) und Nr 264 (1850–1920, 1937) zusammengeführt, da sie nicht ursprünglich in der Registratur erwachsen sind. Sonstige schriftliche Eintragungen in den Akten von seiner Hand wurden bei der Titelaufnahme vermerkt, ebenso nachträgliche eigenmächtige Ordnungsmaßnahmen.
  • Ausnahmsweise entschied sich die Bearbeiterin dazu, Rechnungsduplikate, wenn sie in unmittelbarer Folge während der Titelaufnahme auftauchten, unter einer einzigen Signatur zusammengefasst zu verzeichnen und im „Enthält-Feld“ feststellbare Unterschiede zu erläutern. In der Regel lässt sich bei der Einsichtnahme das Revisionsexemplar – erkennbar an den „Revisionskontrollhäkchen“ – klar von dem anderen Exemplar unterscheiden. Oftmals finden sich auch eindeutige hilfreiche Beschriftungen auf den Titeletiketten der Registratur.
  • Einzelne nachgebrachte Unterlagen aus dem Stiftungsarchiv in Heßloch überspringen das festgelegte Überlieferungsjahr 1950 für die Aktenübernahme; sie wurden nach Absprache jedoch im Bestand belassen.

Nach Abschluss der Verzeichnungsarbeiten und Lagerung im klimakontrollierten Magazin umfasst der Stiftungsbestand derzeit 66 Archivkartons, vier Archivboxen und eine Mappe im Überformat mit insgesamt 515 Verzeichnungseinheiten und einem Umfang von 12 laufenden Regalmetern. Die Laufzeit erstreckt sich von 1577 bis 1998, wobei der Schwerpunkt der Überlieferung im Zeitraum vom letzten Drittel des 18 Jahrhunderts bis zum ersten Drittel des 20 Jahrhunderts liegt.

Anhand der eingegebenen Daten konnte eine Klassifikation zu der „Abt 160 Dalbergische Hospitalstiftung Heßloch (Dep)“ erstellt werden, die im Wesentlichen den Inhalt des Bestandes widerspiegelt

1 Rechtsverhältnisse; Grundstücksgeschäfte
11 Grundstücks-, Hypothekenangelegenheiten
12 Pachtverhältnisse
2 Hospitalverwaltung
21 Verwaltungskommission
22 Protokolle
23 Geschäftsführung
3 Haushalt und Finanzen
31 Heberegister
32 Voranschläge
33 Rechnungen und Urkunden zur Rechnung
34 Tagebücher
35 (Geld-) Handbücher
36 Sonstige Register
37 Verschiedene Rechnungs- und Finanzangelegenheiten
. 4  Gebäude und Bauangelegenheiten
. 5  Aufnahme in das Hospital; Einrichtungen
. 6  Sonstiges (Auswertungen Herr Kotheimer; fremdes Material)

Wie oben erwähnt, bilden die der Finanzverwaltung (Klassifikationsgruppe „3“) dienenden diversen Manual- und Registerserien, vor allem aber die Rechnungen mit den zugehörigen Urkundenbänden den größten Teil des Bestandes. Die Aussagekraft dieser Quellen (Abb 5–8) sollte nicht unterschätzt werden.

Nicht umsonst hat auch Kotheimer sich intensiv mit deren Auswertung befasst (so). Die Arbeitsfelder der Stiftung mit den vielseitigen Unterstützungen in allen Lebenslagen bis hin zur medizinischen Versorgung, die Unterhaltung von Gebäuden und Einrichtungen wie Kirche, Schulen, Klein-Kinderschule und Wohnhäusern, Darlehensgeschäfte usw lassen sich mit diesen Quellen seit 1780 lückenlos verfolgen. So finden sich z.B. jährlich Rechnungen verschiedener Apotheken im Umkreis (vorwiegend Osthofen, (Gau-) Odernheim, auch Worms und Alzey), von (Fach-) Ärzten, über Kur- und Heilbehandlungen, Krankenhausaufenthalte, Erstattungen für verordnete Hilfsmittel sowie über die Übernahme von Beerdigungskosten. Bau- und regelmäßige Unterhaltungsmaßnahmen an Hospitalgebäuden, teilweise in Folge von Sturm- und Brandschäden, werden nachvollziehbar dokumentiert durch Belege wie Auftragsversteigerungen, Abrechnungen von Lieferanten und Handwerkern. Darüber hinaus geben Rechnungsurkunden Auskünfte über die Ausstattung der Schulen mit Lehr-, Schreib- und sonstigem Material, die Kostenübernahme von Backwaren anlässlich der Schulprüfungen und ab 1875 auch zum Sedanstag. Die Unterstützung armer Schülerinnen war ebenso selbstverständlich wie die Ausstattung bedürftiger Konfirmandeninnen – in den Quellen auch „Abendmahlskinder“ genannt – mit Kleidung. Ferner war die Stiftung bemüht, für bedürftige Kinder und Waisen die Unterbringung und Verpflegung außerhalb des häuslichen Umfeldes zu organisieren und Schulgeldzahlungen zu leisten. Für die Vermittlung und den Abschluss von Lehrverträgen trug sie ebenso Sorge, indem sie sich verpflichtete, die Ausbildungskosten zu finanzieren, wie sie selbstverständlich auch Impfgebühren für Kinder armer Familienväter übernahm. Seit etwa 1860 lassen sich außerdem Beitragszahlungen zu den verschiedenen Rettungshäusern (z.B. Arnsburg, Hähnlein, Jugenheim) als sozialpädagogische Einrichtungen nachweisen.

Über einmalige Zuwendungen für Personen in Notsituationen (z.B. Krankheit, Arbeitsunfähigkeit, Tod des Versorgers) und in Krisenzeiten oder über dauerhafte Unterstützungsleistungen geben wiederholt Namenslisten Auskunft. Ständige Empfänger waren Ortsarme in den Gemeinden Heßloch und Gabsheim. Dass die Stiftung Zuschüsse für die Gemeinschaften aller Konfessionen leistete, bei der Anschaffung von Gesangbüchern und sonstigen biblischen Schriften oder bei der (anteiligen) Kostenübernahmen für den Religionsunterricht, lässt sich in den Urkundenbänden nachvollziehen, dabei wurden seit den 1890er Jahren auch die altkatholischen Gläubigen regelmäßig berücksichtigt. Die Lehrkräfte, der jeweilige Geistliche für den Frühmesserdienst, der Pedell und der Rechner standen auf der Gehaltsliste der Stiftung. Informationen über die Gewährung und Abwicklung von Darlehensgeschäften, für die die Stiftung in Bekanntmachungen in der Wormser Zeitung warb, können ebenfalls anhand von Rechnungsbelegen verfolgt werden.

Rückblickend auf die Zeit unter dalbergischer Herrschaft finden sich unter den Belegen zahlreiche Kellereiberichte der jeweiligen Hospitalverwalter in Heßloch, auf denen die dazu getroffenen herrschaftlichen Entscheidungen vermerkt sind. Die Anliegen betreffen Personalangelegenheiten, bauliche Vorhaben oder mildtätige Unter- stützungsmaßnahmen. Die Resoluta unterzeichnete in der Regel F[riedrich] F[ranz] C[arl] Frhr von und zu Dalberg [1751–1811] eigenhändig.

Grundstücks- und Hypothekenangelegenheiten des Hospitals, Immobilienbesitz in verschiedenen Gemeinden (u.a. Hillesheim, Gabsheim, Gau-Heppenheim, Dittelsheim, Bechtheim, Abenheim) und Versteigerungen (Pacht, Arbeiten und Lieferungen) werden nicht zuletzt durch zahlreiche notarielle Urkunden dokumentiert. Bis in das 16. Jh gehen Unterlagen zu Pachtverhältnissen zurück, werden Abschriften und teilweise Originalauszüge aus Renovationen in Akten vorgehalten, die vermutlich auch zum Nachweis der Vermögensverhältnisse der Stiftung erbracht werden mussten. Die oftmals verzweifelte Suche nach den verschiedenen Belegen für Besitz- und Vermögensansprüche wurde zur Zeit der französischen Verwaltung erschwert durch Flüchtung der dalbergischen Archivunterlagen nach Hanau und durch vorherrschende Unordnung sowohl dort als auch in den Rechnungen des Hauskellers Münzenberger zu Mainz. Außerdem waren Rechnungs- und Ver- waltungsunterlagen in das dalbergische Archiv nach Höchst gelangt, wodurch die Fertigung von Urkundenabschriften und die Beibringung notwendiger Beweismittel zeitweise unmöglich wurde.

Aktenmaterial zur Verpachtung des Hofgutes liegen seit dem 18 Jahrhundert vor und belegen die Übergabe auf bzw die Übernahme durch den Nachfolger (Sebastian Brauer, Wilhelm Dotzauer, Hermann Kotheimer), ferner zu Baumaßnahmen an Hof- und Ökonomiegebäuden, Hospitalspeicher und in größerem Umfang zur Hospitalkirche (1760–1766). Als weitere Einrichtung der Stiftung wird die Schule regelmäßig in Rechnungen und Belegen sowie in den Protokollen der Verwaltungs-Kommission thematisiert. Hier sind die Besetzung von Lehrerstellen und insbesondere alle Bereiche, die mit der räumlichen Unterbringung, der baulichen Instandhaltung und grundsätzlich alle Anschaffungen zur Aufrechterhaltung des Lehrbetriebes in Verbindung stehen relevant. Schließlich wurde 1930 ein neuer Schulhausbau unter der Bauleitung des Architekten Heinz Schönmehl verwirklicht.

Trotz der politischen Veränderungen unter der französischen Herrschaft gelang es, die Stiftung am Leben zu erhalten, da es auch im Interesse der neuen Munizipalverwaltung lag, dass diese als Wohlfahrtseinrichtung in ihrer mildtätigen Ausrichtung ihre Aufgaben fortführte. Bei der Befragung zum Zweck des in der Gemeinde bestehenden „Hospitals“ antwortete der Maire gegenüber Bezirksrat Heres in Bechtheim „Die Stiftung verdient im eigentlichen Sinne nicht den Namen Spital weil von Ihrem Vermögen Dienern und sonstigen in Diensten und Verbindlichkeiten stehenden Perßonen der ehemaligen Orts Herrschaft ihre unterstützung erhalten haben.“ Stifter sei die Dalbergische Familie, residierend derzeit zu Mainz, die vor der jetzigen Verfassung die Ortschaften Heßloch und Gabsheim besessen habe.

Fortan stand der Hospital-Verwalter in engem Kontakt mit Kramer, «Commissaire Rédacteur des hospices et des Établissements de Bienfaisance de l’arrondissement de Mayence» Die neu organisierte Hospital-Verwaltung konnte dann auch den Übergang zur großherzoglich hessischen Verwaltung bewerkstelligen. Als wichtige Überlieferungen sind aus dieser Zeit Protokollbücher der Verwaltungskommission zu erwähnen, die mit den Laufzeiten 1827–1842 (Nr 237), 1872–1899 (Abt 160 Nr 123) und 1899–1927 (Abt 160 Nr 124) erhalten sind.

Bedeutende frühe Quellen

Besonders hervorzuheben sind aus dem 16 Jh Rezesszettel der Spitalmeister Remmann Benffer (1577–1697; ) und Hans Baum (1598/99), die in einem Aktenordner vor- gefunden wurden und deren vorheriger Aktenkontext leider nicht dokumentiert ist; sie tra- gen lediglich aus dalbergischer Zeit alte Repositurangaben Die Abhörung der Rechenzettel erfolgte in der Regel im Beisein des Philipp Kämmerer von Worms gen von Dalberg (Philipp V 1529–1590), auch im Namen seiner Vettern. Nach dessen Tod übernahm diese Aufgabe sein Sohn Eberhard. (Eberhard II 1574–1614)

Zu den frühen Quellen gehören außerdem mehrere Gesuche um und Bestätigungen über Aufnahmen als Pfründner in das Hospital Heßloch. Sie datieren von 1600 bis 1612 und sind auf ihrer Rückseite mit herrschaftlichen Entscheidungen versehen. So wurden beispielsweise im Jahr 1602 Juliana von Altorff gen Wolschlag geb von Holzhausen und Philipp Cuno von Altorff gen Wolschlag als Pfründner aufgenommen, nachdem Johann Ketter, Bürger zu Runkel in der Grafschaft Wied, sich für diese als Befürworter und Leumundgeber eingesetzt hatte. Ferner bezeugt ein besiegelter Beständnisbrief, ausgestellt von Eberhard und Wolfgang Kämmerer von Worms gen von Dalberg, die Aufnahme der Witwe des Veltin Jung als Hospitalpfründnerin (1612).

Als aussagekräftige Quellen sind vor allem auch die Renovationen, teilweise in Abschrift vom 16. bis in das 19. Jahrhundert zu nennen. Sie geben Auskunft über die Güter der Heßlocher Hospitalstiftung in der Gemarkung von Heßloch und in umliegenden Gemeinden. (u.a. Alsheim, Gimbsheim, Abenheim, Bechtheim) mit den daraus fälligen Gülteinnahmen. Es finden sich hier nicht nur Informationen zu den Besitzverhältnissen und der Größe, sondern es werden im Zuge der detaillierten Beschreibung der Lage der Grundstücke alle Anrainer namentlich aufgeführt.

Exkurs: Zur Geschichte des Hospitalarchivs zu Beginn der hessischen Zeit

An dieser Stelle sei ein kurzer Exkurs erlaubt, um einen vagen Einblick in die vorherrschenden Verhältnisse des Hospitals und seines Archivs nach der Säkularisation und nach Änderung der politischen Verhältnisse auf dem linken Rheinufer zu gewähren. So erstattete der Präsident der Hospitalverwaltungskommission (1806 eingerichtet) am 20. Oktober 1818 der Großherzoglich Hessischen Regierung in Mainz einen anschaulichen Bericht über den Zustand des Hospitalarchivs, in dem er gleichzeitig zur Arbeitsentlastung die Ernennung des Bürgermeistereischreibers Peter Hahn als Sekretär in Vorschlag brachte. Bei der Übernahme seiner Geschäfte habe er selbst „eine so große Unordnung in allen Papieren und der ganzen Geschäftsführung des Hospiziums vorgefunden, dass nicht ohne großen Zeitverlust und Mühe die nöthigen Papiere gesucht werden konnten, ja manche oft gar nicht auf der Stelle zu finden waren. Die Kommission wußte von nichts was das Hospitzium betrift, konnte über nichts Antwort und Auskunft geben und kannte nicht einmal die Lage und den Zustand der ihr anvertrauten Anstalt, – sie besaß außer einigen ganz alten nicht einmal Rechnungen über dieselben, kurz es bestand kein eigenes Archiv oder Depot ihrer Papiere; solche befanden sich zwar auf dem Gemeindehauß, aber so verwirrt, daß man Papiere von den ältesten Jahren bey ganz neuen und dergleichen von einander ganz fremden Gegenständen zusammen fand.“ Er habe bei Amtsantritt beim Hospizium die an ihn gestellten Aufträge erfüllt und jeweils im Anschluss die Papiere zurückgegeben ohne „sich darum zu bekümmern, wie man solche aufbewahrte“. Nach Übernahme des Vorsitzes in der Verwaltungskommission habe er sich um die Ordnung der Papiere bemüht und schon Einiges erreicht, ein Sekretär könne sich aber ganz der Geschäftsführung widmen.

Die im ersten Viertel des 19. Jh vorherrschenden Archivverhältnisse werden auch in Zusammenhang mit einem anderen Problem offenbar, mit dem sich der Bürgermeister Conrad Egid Heinrichs 1820 auseinandersetzen musste, als er von Notar Schad ein Verzeichnis der Hypotheken „und deren Conservation“ [Bewahrung] anforderte. Offensichtlich konnte nur der im März 1806 übergebene sehr kleine Teil der Hypotheken aufgefunden werden, die seitdem nicht mehr ausgetragen – folglich nicht mehr auf dem neuestem Stand – waren. Der weitaus größte Teil der Hypothekenakten befand sich anscheinend zu diesem Zeitpunkt noch bei der dalbergischen Familie, die in dem früheren Hypothekenbuch nicht einmal konserviert d.h. gesichert waren „was fast unerhört ist“ . Heinrichs wollte sich in dieser Angelegenheit an die Regierung wenden, „um die dalbergische Familie zur Auslieferung zu vermögen“. Auch die nach 1806 neuen Hypotheken waren nicht im Archiv und Heinrichs fragt sich „wo mögen diese aufbewahrt sein?“ Er stellte verschiedene Vermutungen über deren Verbleib an (als Beilagen in Rechnungen, bei Schad selbst oder im Büro in Mainz). „So zerstreut und in solchem Zustand sind die Hospital-Papiere“ . Heinrichs beabsichtigte die zentrale Aufbewahrung und Verwaltung aller Papiere in seiner Hand „Da nun doch alle das Hospital betreffende Dokumenten, Rechnungen p.p. in einem Archiv versammelt seyn sollten, überdies auch alle Auskünfte und Nachrichten selbst auch alte Dokumenten an mich gefordert werden so ergeht mein höfliches Ersuchen an Sie mir gef[älligst] die noch in Händen habende Hypothecken so wie die ältere Rechnungen und allenfallsige Papiere die Ihnen von der Freyhe[rrlich] von dalberg[ischen] Familie oder H[errn] Münzenberger in Mainz seit die Ablieferung an H[errn] Emonds zugestellt worden sind, zukommen zu lassen, damit die für die Verwaltung vorgeschriebene Ordnung immer mehr hergestellt werde“Die nachfolgende Korrespondenz zwischen Schad und Heinrichs lässt auf eine Zusammenarbeit in diesem Sinne schließen, belegt auch durch eine detaillierte Aufstellung über die Hospi- talrechnungen und Papiere (Schuldurkunden [57], Heberegister aller Gefälle [18], Akten verschiedenen Inhalts), die die Familie des verstorbenen Notars Schad an den Präsidenten der Hospitalverwaltung übergeben hat. Diese Liste lässt auf inzwischen geordnete Verhältnisse schließen, zumal die seinerzeit nachbearbeiteten Rechnungen (s.o.), jetzt doppelt vorhanden – also zwischenzeitlich wieder aufgefunden worden waren.

Am Ende der Übersicht werden noch drei Pakete aufgeführt, beschriftet wie folgt: ein Paket „Allerhand Gegenstände die das Hospital angehen“, ein Paket „Heberegister und Tagebücher“, ein Paket „acta verschiedenen Inhalts das Hospital betreffend“ Dass diese später zu den anfangs erwähnten großformatigen Konvoluten gehörten und bis zur aktuellen Übernahme im Verbund geblieben sind, kann angenommen werden, wenn auch die Titel zu jener Zeit wenig aussagekräftig waren. Die von Schad begonnene Registraturordnung könnte außerdem in der Folge die notwendige Ordnungsgrundlage für die regelmäßig hinzukommenden Unterlagen gebildet haben.

Fazit

Mit der Schriftgutübernahme aus dem Archiv der Dalbergischen Stiftung Hospital Heßloch in das Stadtarchiv Worms ist für beide Vertragspartner eine „Win-Win“-Situation geglückt. Die Stiftung hat eine fachliche Aufarbeitung und Verwahrung ihrer Unterlagen erreicht, das Stadtarchiv im Gegenzug eine wertvolle Ergänzung vorhandener Bestände der Familie Kämmerer von Worms (gen) von Dalberg. Die aussagekräftigen Quellen, die die wirkmächtige Arbeit der Stiftung über mehr als 350 Jahre bezeugen, sind nicht nur eine Bereicherung für die Arbeit regionaler Forscher*innen im Wonnegau, sondern auch für die wissenschaftliche Nutzerschaft. Für alle Interessenten / Interessentinnen besteht in der online gestellten Archivdatenbank die bequeme Möglichkeit, sich über die Mannigfaltigkeit des Bestandes zu informieren, die Gustav Josef Kotheimer in seinem oben erwähnten Bericht wie folgt zusammenfasst: „Zum Schluß sei noch einmal darauf hingewiesen, daß das Archiv der Stiftung Hospital Heßloch eine für die Ortsgeschichte wertvolle Einrichtung ist, die über Hospitalangelegenheiten wie Hof, Kirche, Äcker und Weinberge und deren Pächter wie über alle Veränderungen in der Gemeinde, sei es Personal in der Gemeinde- und Hospitalverwaltung, der Schule, im Gesundheitswesen und Gewerbe oder über bauliche Maßnahmen wie Straßenbau, Um- und Neubau des Schulhauses an der Kirche und des Gemeindehauses, Maßnahmen, die durch das Hospital finanziert wurden, Aus- kunft gibt“. Diese Ausführungen müssen unbedingt noch ergänzt werden um den Hinweis auf die Bedeutung des Quellenmaterials für personengeschichtliche und sozialwissenschaftliche Recherchen, für die Kotheimer mit seinen Auswertungsergebnissen hilfreiche und wichtige Grundlagen zur Verfügung gestellt hat.

Originaltext ist im Stadtarchiv Worms zu finden: Link